Auffälligkeiten und „Symptome“ bei Kindern nach Trennung und Scheidung der Eltern

Nach einer Trennung oder Scheidung geht es zur Sache – jedes Möbelstück wird verrückt, da dürfen doch auch die Kinder mal ein wenig verrückt sein …
Und das sind sie in dieser Situation: im wahrsten Sinne des Wortes sind sie „verrückt“ = sie befinden sich an einem anderen Platz als dem, auf den sie gehören.
Dies sind sie sowohl gefühlsmäßig als auch in ihrem ganzen Sein und Tun. Kinder fühlen sich wackelig und unsicher, sie sind sehr traurig und verwirrt. Manchmal sind sie auch sehr wütend und ganz oft ist ihnen zum Weinen zumute und sie wollen einfach nur in den Arm genommen werden … dann sind sie wieder ganz klein und hilfsbedürftig …

Gefühle fahren Achterbahn und zeigen sich im Verhalten

Alle diese Gefühle sind „normal“ und alle diese Gefühle zeigen sich in Verhaltensweisen oder sogenannten „Symptomen“, die Kindern helfen, in dieser schwierigen Zeit zurecht zu kommen.
Das kann die reinste Achterbahnfahrt sein – sowohl für die Kinder selbst als auch für die Menschen, die sie erleben.
Kinder haben in dieser unsicheren Zeit Angst und reagieren entsprechend ihres Alters darauf. Ganz kleine Kinder klammern und weinen. Mit zunehmendem Alter kommt ein zunehmendes Verständnis der Kinder hinzu. Kinder nehmen in ihrer Umwelt viel auf zum Thema „Trennung und Scheidung“ und überfordern sich häufig selbst. Sehr oft fehlt ihnen eine Einschätzung ihrer Wahrnehmungen und sie müssen sich Luft machen …
Ihr Verhalten stößt in ihrem Umfeld dann oft auf Ablehnung – Eltern und Pädagogen sind besorgt, verunsichert und ratlos …

Altersentsprechende „Symptome“

Es gibt altersentsprechende Verhaltensweisen bei Kindern, die immer wieder zu beobachten sind. Sie sind als normal einzuordnen, als normales Verhalten in einer schwierigen Lebenssituation!
Eltern und Pädagogen sollten darüber Bescheid wissen!

Kleinkinder  –  Alter vor dem Kindergarten

  • Spüren den Verlust von Sicherheit
  • Ängstliches und weinerliches Verhalten
  • Rückschritte in der Entwicklung
  • Zeigen Trennungsängste in normalen Alltagssituationen
  • Aggressives Verhalten
  • Plötzlich auftretendes Trotzverhalten
  • Angstzustände
  • Schlafstörungen
  • Starkes Nähebedürfnis

Kinder im Kindergartenalter / Vorschulalter

  • Erleben Trauer und Verlassenheit
  • Übernehmen Schuld für die Trennung der Eltern
  • Zeigen überangepasstes Verhalten
  • Psychosomatische Störungen sind möglich:
    – Schlafstörungen
    – Bauchschmerzen
    – Bettnässen
    – Daumenlutschen
  • Wollen Eltern wieder zusammen bringen
  • Starke Angst, auch der andere Elternteil könnte sie verlassen

Kinder im Grundschulalter

  • Sind ihren Gefühlen stark ausgeliefert
  • Traurigkeit, Hilflosigkeit und Zorn wechseln sich ab
  • Scham spielt eine wichtige Rolle und die Kinder glauben zudem, selbst für die Trennung der Eltern Verantwortung zu tragen
  • Schuldgefühle, tiefe Trauer und depressive Verstimmungen ergreifen die Kinder und führen häufig zu Schulschwierigkeiten
  • Es wird deutlich, dass die Kinder ihre Energie zum Verarbeiten der schwierigen Lebenssituation brauchen!

Kinder über 10 Jahre und Jugendliche

  • Sorgen sich stark
  • Überfordern sich leicht
  • Ergreifen Partei für den „schwächeren“ Elternteil
  • Zeigen Zorn auf den „schuldigen“ Elternteil
  • Reagieren mit widersprüchlichen Verhaltensweisen
  • Zeigen Schwierigkeiten im natürlichen Ablösungsprozess

Jungen und Mädchen verhalten sich in Trennungssituationen in der Regel unterschiedlich:

  • Jungen: eher gereizt, ruppig, aggressiv
  • Mädchen: eher zurückgezogen und still

Die beschriebenen Symptome sind normale Reaktionen auf eine schwierige Lebenssituation. Besonderes Hinschauen ist geboten, wenn Kinder einfach nur „unauffällig mitlaufen“! Hier stellt sich natürlich die Frage, wo bleiben diese Kinder mit den Gefühlen, die sich in ihnen anstauen …?

Kinder sind in dieser schwierigen Lebenssituation ihren Gefühlen ausgeliefert und brauchen ihre Verhaltensweisen, um zurecht zu kommen.
Sie brauchen wieder Klarheit und Orientierung in ihrem Leben, dann können sie wieder Zutrauen entwickeln und auch wieder ohne ihre Auffälligkeiten leben.
Kinder brauchen in dieser Zeit viel Verständnis für ihr Verhalten und Eltern, die schnell wieder einen „sicheren Boden“ für sie bereiten.

Elke Wardin
Systemische Familientherapeutin

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