Wenn Eltern sich trennen kommen sie in der heutigen Zeit am „Wechselmodell“ nicht mehr vorbei.

Aus den Medien springt es ihnen förmlich entgegen und Eltern, die sich heutzutage „richtig“ trennen wollen, lassen bei der Entscheidung für eine Umgangsregelung eigentlich keine Fragen und Zweifel mehr zu … Kinder sollen nach einer Trennung Kontakt zu beiden Elternteilen haben – dies ist seit 1998 durch die Kindschaftsrechtsreform per Gesetz so geregelt.

Die Vorteile des Modells können nicht ignoriert werden, aber …

Die pädagogische Empfehlung, den Kindern beide Eltern auch nach einer Trennung zu erhalten wird voll erfüllt. Eltern tun dies dann oft beherzt und teilen bisweilen fast minutiös das Kind auf – exakt paritätisch! Eine Woche in der Welt von Mama und eine Woche in der Welt von Papa. Mitunter werden Umgangsregelungen ausgetüftelt, die wechselnde Zeitanteile hier und dort haben – aber bitteschön immer „gerecht“. Eigentlich müsste das doch zu durchweg positiven Entwicklungen führen!?

Wie hat die Familie eigentlich vor der Trennung gelebt?

„Müssen wir jetzt das Wechselmodell machen?“ ist oft die Frage, mit der Eltern in die Beratung kommen. Oft denken Eltern, sie haben jetzt keine andere Wahlmöglichkeit mehr. Manche von ihnen fühlen sich stark heraus gefordert, da eine solche Vorstellung ihr gesamtes Konstrukt von bisher gelebter Berufstätigkeit über Bord wirft. Ebenso haben einige Eltern bislang nur wenige Erfahrungen im Umgang mit dem Alltagsleben der Kinder gesammelt und können sich diese neue Verantwortung kaum vorstellen. Sie hatten bislang als Familie ein anderes Verständnis – ist das jetzt falsch?

Verhaltensauffälligkeiten der Kinder überfordern Eltern

Obwohl sie alles richtig machen wollen, fühlen Eltern sich überfordert. Viele Eltern merken, dass dieses „Aufteilen“ der Kinder auch seine Tücken hat. Dies spüren natürlich auch die Kinder und verhalten sich entsprechend auffällig …
Es gibt inzwischen schon fast einen inflationären Umgang mit dem Begriff des „Wechselmodells“ und es wird bisweilen nicht wirklich hingeschaut, was geht und was Eltern tatsächlich leisten können. Die Kinder geraten auch aus dem Blick – sie sind als „Aufteilobjekt“ gänzlich ungeeignet und zeigen dies auch …

Eigentlich steht doch dahinter, dass beide Eltern auch nach einer Trennung gemeinsam die Sorge und Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Eigentlich geht es doch darum, dies im Kontakt zu tun – im Kontakt rund um das Alltagsleben der Kinder. Eigentlich sollte im Vordergrund stehen, den Kindern Sicherheit in der neuen Lebenssituation zu vermitteln. Eine Sicherheit, in der sie sich von beiden Eltern behütet fühlen. Im Vordergrund steht dabei das „Wir“ als Eltern und nicht der Zeitanteil, den das Kind bei einem Elternteil verbringt.

Das Alltagsleben von Kindern ist ein Ganzes!

Es lässt sich nicht aufteilen in Häppchen von jeweils einer Zeiteinheit hier und einer Zeiteinheit dort, die dann gänzlich voneinander getrennt sind. Erfahrungen, Erlebnisse und vor allem auch Bedürfnisse müssen hin und her transportiert werden! Ein Kind möchte mit Papa reden auch wenn es gerade bei Mama wohnt und ebenso möchte es Mama etwas zeigen, auch wenn es gerade bei Papa wohnt. Es gilt hier eine Durchlässigkeit zu finden, die es Kindern ermöglicht ein Leben mit zwei Zuhause zu führen ohne das Gefühl zu haben, da steht ein eiserner Vorhang dazwischen, der sich erst nach einer Woche wieder hebt.

Wenn Eltern dies gelingt, können ihre Kinder tatsächlich unbeschwert „wechseln“ und dabei ist relativ unwichtig wie viele Tage sie bei welchem Elternteil verbringen. Kinder zählen das nicht nach, sondern erleben vielmehr die Qualität der Offenheit, die Ihnen ein Gefühl von Sicherheit gibt.

Aus meiner Erfahrung heraus muss viel mehr darüber geredet werden, wie Eltern Brücken zwischen der Welt bei Mama und der Welt bei Papa zu bauen, um ihren Kindern ein Leben zu ermöglichen, dass nicht in zwei Teile zerschnitten und abgeriegelt ist sondern durchlässig und ganz.

Wer kann überhaupt was leisten?

Diese Frage muss zufrieden stellend und realitätsnah beantwortet werden, damit Eltern ihre Aufgaben auch ausfüllen und tragen können. Beide Eltern sollen eine Rolle im Leben ihrer Kinder spielen – miteinander die Verantwortung tragen – und zufrieden sein.

Wenn dabei dann das „Wechselmodell“ rauskommt ist das prima!

In der Beratung stelle ich immer wieder fest: in jeder Familie ist es anders und das muss gesehen und erörtert werden – nur dann kann eine Entscheidung gefunden werden, die für alle passt.

Eltern hilft es häufig, hier Unterstützung beim Ausloten einer tragfähigen Entscheidung und Aufteilung der Elternrollen zu haben. Familientherapie kann hier eine hilfreiche Anlaufstelle sein.

Elke Wardin
Systemische Familientherapeutin

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